Edelstahl in Verbindung mit verzinktem Stahl

Edelstahl in Kontakt mit verzinktem Stahl – Werkstofftechnische, korrosionstechnische und praktische Aspekte

Die Kombination verschiedener metallischer Werkstoffe ist in der modernen Technik und Bauweise weit verbreitet. Dabei kommt es nicht selten vor, dass Edelstahl und verzinkter Stahl gemeinsam in einer Konstruktion eingesetzt werden. Diese Materialkombination kann jedoch komplexe Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere im Hinblick auf Korrosion, elektrochemische Wechselwirkungen und die Lebensdauer der Komponenten. Im Folgenden wird dieses Thema umfassend behandelt – sowohl aus werkstofftechnischer als auch aus korrosionschemischer Perspektive.


1. Werkstoffcharakteristik von Edelstahl und verzinktem Stahl

Edelstahl, meist nichtrostender Stahl (z. B. Werkstoff 1.4301 – AISI 304), ist eine Eisenlegierung mit mindestens 10,5 % Chromanteil und weiteren Legierungselementen wie Nickel, Molybdän oder Titan. Diese Legierungselemente verleihen dem Edelstahl eine hohe Korrosionsbeständigkeit durch die Bildung einer stabilen, passivierenden Chromoxidschicht.

Verzinkter Stahl hingegen ist ein kohlenstoffhaltiger oder niedriglegierter Stahl, der mit einer Zinkschicht überzogen ist – entweder durch Feuerverzinkung (Stückverzinkung, z. B. nach DIN EN ISO 1461) oder durch elektrolytisches Verzinken. Die Zinkschicht dient als kathodischer Korrosionsschutz: Bei Beschädigungen schützt sie das darunterliegende Eisen, indem sie sich selbst opfert.


2. Korrosionsmechanismen bei Kontakt zweier Metalle

Werden zwei unterschiedliche Metalle miteinander verbunden, kann es in Anwesenheit eines Elektrolyten (z. B. Wasser, Feuchtigkeit, Tausalzlösung) zur Kontaktkorrosion (auch galvanische Korrosion genannt) kommen. Diese elektrochemische Reaktion basiert auf dem Potentialunterschied der beteiligten Metalle. Das unedlere Metall (das anodische) wird dabei bevorzugt angegriffen und korrodiert, während das edlere (das kathodische) geschützt bleibt.

In der elektrochemischen Spannungsreihe liegt Zink deutlich unedler als Edelstahl. Wenn verzinkter Stahl und Edelstahl also elektrisch leitend miteinander verbunden sind und zugleich Feuchtigkeit (Elektrolyt) vorhanden ist, fungiert der verzinkte Stahl als Anode und wird verstärkt korrodiert, während der Edelstahl als Kathode geschützt bleibt.


3. Einflussfaktoren auf die Kontaktkorrosion

a) Flächenverhältnis

Ein kritischer Faktor ist das Flächenverhältnis zwischen den beiden Metallen. Eine kleine Anodenfläche (verzinkter Stahl) in Kontakt mit einer großen Kathodenfläche (Edelstahl) führt zu einem beschleunigten Korrosionsangriff auf die Zinkschicht. Umgekehrt ist das Risiko geringer, wenn die Anodenfläche groß und die Kathodenfläche klein ist.

b) Elektrolytverfügbarkeit

Ohne Feuchtigkeit als leitfähiges Medium kann keine galvanische Korrosion stattfinden. In trockenen Innenräumen oder bei gut geschützten Konstruktionen kann die Kombination von Edelstahl und verzinktem Stahl daher problemlos sein. Unter feuchten oder salzhaltigen Bedingungen (z. B. im Außenbereich, in Küstennähe oder bei Tausalzeinwirkung) ist das Risiko deutlich höher.

c) Temperatur und Umgebung

Hohe Luftfeuchtigkeit, saurer Regen, Kondensation, industrielle Atmosphäre oder chloridhaltige Umgebungen können die elektrochemischen Reaktionen fördern. Besondere Vorsicht ist in Schwimmbädern, chemischen Anlagen oder maritimen Anwendungen geboten.


4. Typische Anwendungsbeispiele und Risiken

  • Befestigungstechnik: Schrauben aus Edelstahl, die in verzinkte Bleche oder Träger eingebracht werden, führen häufig zu lokaler Zinkkorrosion rund um das Bohrloch. Hier ist eine elektrische Isolierung sinnvoll.
  • Dach- und Fassadenbau: Bei Dachentwässerungssystemen aus Edelstahl in Verbindung mit verzinkten Halterungen kann es zu unsichtbarer, aber fortschreitender Korrosion kommen, die erst nach Jahren Schäden zeigt.
  • Geländerbau: Edelstahlgeländer, die auf verzinkte Stahlträger montiert werden, sind besonders gefährdet, wenn Wasser über lange Zeit hinweg zwischen den Materialien stehen bleibt.

5. Technische Maßnahmen zur Vermeidung von Kontaktkorrosion

Um die galvanische Korrosion bei der Kombination von Edelstahl und verzinktem Stahl zu minimieren, sind verschiedene Maßnahmen möglich:

  • Elektrische Trennung: Einsatz von isolierenden Zwischenlagen (z. B. Kunststoffunterlagen, Gummi, Lacke, Dichtmassen) verhindert den direkten metallischen Kontakt.
  • Abdichtung: Vermeidung von Feuchtigkeitseintritt durch Dichtstoffe oder konstruktive Schutzmaßnahmen.
  • Beschichtungen: Nachträgliches Beschichten (z. B. Pulverbeschichtung oder Anstrichsysteme) der verzinkten Teile kann die Lebensdauer verlängern.
  • Geeignete Verbindungsmittel: Wenn möglich, Verbindungselemente aus verzinktem Stahl verwenden, um das edlere Material nicht als Kathode wirken zu lassen.
  • Planung des Flächenverhältnisses: Große Edelstahlflächen mit kleinen verzinkten Verbindungsteilen sind kritisch – hier sind umgekehrte Konfigurationen oder Schutzmaßnahmen notwendig.

6. Normative Grundlagen und Empfehlungen

Mehrere technische Regelwerke beschäftigen sich mit dem Thema Kontaktkorrosion, u. a.:

  • DIN EN ISO 14713 – Zinküberzüge – Leitfaden für Schutzdauer
  • DASt-Richtlinie 022 – Korrosionsschutz von Verbindungselementen
  • DIN EN 1993 (Eurocode 3) – Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten
  • VDI-Richtlinien – u. a. VDI 2344 zum Thema Korrosion durch Kontakt von Metallen

Auch Herstellerhinweise und Merkblätter von Korrosionsschutzverbänden oder Materialherstellern geben praxisnahe Empfehlungen zur Vermeidung solcher Schäden.


7. Fazit

Die Kombination von Edelstahl und verzinktem Stahl in einer Konstruktion ist prinzipiell möglich, erfordert jedoch sorgfältige Planung und Ausführung. Ohne geeignete Maßnahmen kann die Kontaktkorrosion zu einem deutlich beschleunigten Abbau der Zinkschicht und im schlimmsten Fall zum Versagen der Bauteile führen. Die Auswahl geeigneter Werkstoffe, deren Kombination, die Gestaltung des Details sowie Schutzmaßnahmen wie Isolierung, Abdichtung und Beschichtung sind entscheidend für eine langlebige und funktionale Lösung.

In der Praxis ist eine interdisziplinäre Herangehensweise gefragt – von der Werkstoffauswahl über den Korrosionsschutz bis hin zur fachgerechten Montage. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Vorteile beider Materialien – die Robustheit des verzinkten Stahls und die Korrosionsbeständigkeit des Edelstahls – sinnvoll genutzt werden, ohne dass es zu nachteiligen Wechselwirkungen kommt.